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Wisent

Der Wisent – das größte Landsäugetier Europas

Drei Wisente blicken dich an. © Foto: Krzysztof, pixabay

Einst reichte ihr riesiges Verbreitungsgebiet von Frankreich bis nach Russland. Doch schon Mitte des 20. Jahrhunderts galten sie in der europäischen Wildnis als ausgestorben. Schuld daran war vor allem die Zerstörung des Lebensraumes sowie intensive Bejagung. Dass es heute überhaupt wieder freilebende Wisente in Europa gibt, ist einem intensiven Arterhaltungsprogramm zu verdanken. Mithilfe einer kleinen Gruppe von Wisenten die sich damals in privater und zoologischer Haltung befanden, konnte die Art vor dem Aussterben bewahrt werden. Heute leben wieder mehr als 7.000 Wisente in Europa (Stand 2023) und obwohl ihre Anzahl langsam steigt, sind sie nach wie vor auf intensive Schutzmaßnahmen angewiesen. Besonders die Zersiedlung ihrer Lebensräume, sowie die geringe genetische Vielfalt innerhalb der Populationen stellen weiterhin eine Herausforderung für ihr Überleben dar. (Text entnommen www.wwf.de)

Fakten to go

Lateinischer Name:  Bos bonasus
Farbe: braun/schwarz aber auch heller möglich
Besonderes Merkmal: beide Geschlechter verfügen über Hörner
Größe: Schulterhöhe: 1,50 m bis 1,90 m
Körperlänge: 2,40 m bis 3,00 m
Gewicht: Bullen bis zu 1.000 kg, Kühe bis zu 650 kg
Nahrung: Pflanzenfresser,im Durchschnitt nimmt ein Wisent 48 kg pflanzliches Material pro Tag zu sich
Lebenserwartung: maximal 24 Jahre in freier Wildbahn
Tragzeit: durchschnittlich 264 Tage
Anzahl Jungtiere: i.d.R. nur einzelne Kälber
Männliches Tier: Bulle
Weibliches Tier Kuh
Jungtier: Kalb
Wo anzutreffen: strukturreiche Landschaften aus Laub-, Misch- und Nadelwäldern, Lichtungen, Weiden und Wiesen
Verbreitung: ursprünglich in ganz Europa verbreitet, heute nur noch vereinzelt in Osteuropa, sowie Aserbaidschan und Deutschland
Karte der Verbreitungsgebiete
Verbreitung des Wisents 

Verwandte

Wisente gehören zur Ordnung der Paarhufer und zur Familie der Hornträger, der beispielsweise auch das Hausrind angehört. Das wohl auffälligste Merkmal des Wisents ist sein Buckel, welcher sich aus Fortsätzen der Brustwirbel bildet und bei den Bullen besonders stark ausgeprägt ist. Im Vergleich zum amerikanischen Bison wirkt der Körper des Wisents etwas schlanker und hochbeiniger. Der Vorderteil des Körpers ist muskulös und massig und wird zum hinteren Teil schlanker. Der Kopf wird von einem kurzen Nacken getragen und hängt tiefer als Schultern und Rücken. Die Ohren sind behaart und im dichten Fell schnell zu übersehen, die Schnauze hingegen ist haarlos. Sowohl die Männchen als auch die Weibchen tragen seitlich des Kopfes nach innen gebogene Hörner, welche über die gesamte Lebensspanne hinweg weiterwachsen. Das dunkel- bis goldbraune Fell ist im Bereich der Brust und der Kehle länger und bildet dort eine Mähne oder auch Bart, der bei den männlichen Tieren etwas markanter ist. Der Schwanz ist ca. 60 Zentimeter lang und endet in einem Schopf langer Haare.

Immer wieder durchkauen

Als pflanzenfressende Wiederkäuer verfügen sie über 32 Zähne und vier Mägen, bestehend aus drei Vormägen und einem Hauptmagen. Da die pflanzliche Nahrung einen großen Anteil schwer verdaulicher Zellulose enthält, wird sie in den Vormägen von Bakterien langsam zersetzt und von dem Wisent periodisch wieder hochgewürgt und durch Kauen weiter zerkleinert. Der größte der Vormägen, der Pansen, kann bei ausgewachsenen Tieren ein Volumen von mehr als 100 Litern fassen.

Während das Sehvermögen von Wisenten eher schwach ausgebildet ist, haben sie einen sehr guten Geruchssinn und können so zum Beispiel die Anwesenheit von Menschen aus größerer Entfernung wittern. In der Paarungszeit nutzen die Bullen ihren Geruchssinn, um Herden mit Weibchen aufzuspüren.

Familie der Nomaden

Die Kühe leben zusammen mit ihren Kälbern sowie den zwei- bis dreijährigen Jungtieren aus den Vorjahren in kleinen Herden von bis zu 20 Individuen, die von einer Leitkuh angeführt werden. Junge Bullen zwischen vier und sechs Jahren verlassen irgendwann die Gruppen und schließen sich häufig zu kleinen, sogenannten Junggesellengruppen zusammen. Die alten, ausgewachsenen Bullen hingegen leben einzelgängerisch und stoßen nur während der Paarungszeit zwischen August und Oktober zu den Weibchen. Im Winter kann die Gruppengröße auf bis zu 120 Tiere ansteigen, da sich die verschiedenen Herden dann an denselben Futterquellen sammeln.

Entwicklung

Beginn und Dauer der Geschlechtsreife unterscheiden sich beim Wisent zwischen beiden Geschlechtern. Die Bullen werden zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr geschlechtsreif. Die Kühe erreichen die Geschlechtsreife zwar mit dem dritten Jahr, gebären ihr erstes Kalb aber erst wenn sie zwischen vier und sechs Jahre alt sind. Während die Bullen ihre Paarungsfähigkeit mit Erreichen des zwölften Lebensjahres verlieren, können sich die Kühe bis zu ihrem Lebensende fortpflanzen. Einem Weibchen im Białowieża-Urwald gelang es ihr letztes Jungtier im Alter von 23 Jahren zu gebären und erfolgreich aufzuziehen. Durchschnittlich gebären Wisentkühe im Laufe ihres Lebens neun Kälber, jedoch ist diese Zahl stark von der Qualität des verfügbaren Nahrungsangebotes abhängig und kann sich daher zwischen verschiedenen Populationen unterscheiden.

Ab Ende Juli stoßen die alten Bullen periodisch zu den verschiedenen Herden, um die Paarungsbereitschaft der Weibchen zu überprüfen. Während der Paarungszeit, die auch Brunftzeit genannt wird, kann sich das Streifgebiet der Bullen deutlich erhöhen. Auf der Suche nach paarungswilligen Kühen legen sie weite Strecken zwischen verschiedenen Herden zurück. Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Bullen während dieser Zeit bis zu acht Herden besuchen und mit diesen jeweils zwei bis sechs Tage verbringen. Jungen Bullen gelingt es zumeist nicht sich im frühen Alter fortzupflanzen, da die älteren Bullen die paarungsbereiten Kühe verteidigen. Jedoch sind Fälle bekannt bei denen junge, geschlechtsreife Bullen zwischen vier und fünf Jahren bereits vor Beginn der eigentlichen Paarungszeit zu den Gruppen der Kühe stießen, um sich in Abwesenheit der älteren Bullen zu paaren. Wisente haben ein polygynes Paarungssystem, was bedeutet, dass sich ein Männchen mit einer Vielzahl von Weibchen verpaart. Um sich den alleinigen Zugang zu den Herden zu sichern, vertreiben die dominanten Bullen ihre männlichen Artgenossen. Dabei legen sie eine Vielzahl unterschiedlicher Imponierverhalten an den Tag. So scharren sie den Boden mit ihren Hufen auf oder urinieren und wälzen sich anschließend darin. Teilweise können sie ganze Büsche oder junge Bäume brechen oder entwurzeln. Dieses Verhalten reicht meist, um Kontrahenten zu vertreiben. Nur selten kommt es zu direkten Kämpfen zwischen Bullen, bei denen sie mit ihren Köpfen und Hörnern aufeinanderstoßen. Hat ein Bulle eine geschlechtsreife Kuh ausgemacht, folgt er ihr für mehrere Tage, um den Augenblick des Östrus (Brunst) nicht zu verpassen. Dabei testet er mit Hilfe des sogenannten Flehmens immer wieder ihre Paarungsbereitschaft. Hierfür hebt er den Kopf in den Nacken und zieht die Oberlippe nach oben, was es ihm erlaubt, Sexualhormone im Urin der Kuh wahrzunehmen. Die eigentliche Paarung dauert dann nur einen kurzen Augenblick.

Die Tragzeit beträgt durchschnittlich 264 Tage. Die Kälber werden zwischen Mai und Juni des folgenden Jahres geboren. Eine Kuh bringt normalerweise nur ein Kalb zur Welt, wobei es bei Wisenten in Gefangenschaft selten auch Fälle von Zwillingen gibt. Kurz vor der Geburt trennt sich die Kuh vom Rest der Herde und stößt erst wieder einige Tage danach zusammen mit dem Kalb dazu. Wisente sind Nestflüchter, das Kalb kommt mit geöffneten Augen zur Welt und schon nach 20 bis 45 Minuten kann es stehen. Ein Wisentkalb wiegt bei der Geburt durchschnittlich zwischen 15 und 35 Kilogramm. Die ersten drei Monate wird es von der Mutter gesäugt, bevor es beginnt, auch pflanzliche Nahrung zu sich zu nehmen. Insgesamt bleibt es für die Dauer von einem Jahr bei seiner Mutter. Während die jungen Söhne die Herden im Alter von drei bis vier Jahren verlassen, bleiben die Töchter häufig in derselben Herde.

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